Zum Inhalt springen

Krebs und Homöopathie: Alternative Medizin in der Onkologie

Gastbeitrag von Dr. med. Natalie Grams, Dr.-Ing. Norbert Aust, Dr. med. Wolfgang Vahle

Bildquelle: By WolfBlur [CC0 or CC0], via Wikimedia Commons

Zusammenfassung: Obwohl es keine belastbaren Nachweise dafür gibt, dass die Homöopathie eine wirksame Therapie bei Krebserkrankungen darstellt, gibt es eine Vielzahl von Büchern und Veröffentlichungen, einige davon sogar von Ärzten verfasst, die die Anwendung nahelegen.

Die Homöopathie beruht auf der Annahme, dass eine Substanz bei einem Kranken in der Lage sei, die Symptome zu heilen, die sie bei einem Gesunden hervorrufen könne. Die Mittel werden zur Steigerung der Wirksamkeit extrem stark verdünnt, obwohl schon niedrige Potenzen bis auf wenige Ausnahmen kaum eine hinreichende Tagesdosis ergeben, um einen nennenswerten pharmakologischen Effekt zu erzielen. Diese Grundannahmen stammen aus der Zeit der Französischen Revolution und bilden noch heute die unveränderten Pfeiler der Homöopathie.

Alle umfassenden Übersichtsarbeiten kommen seit 1991 gleichlautend zu dem Ergebnis, dass aufgrund der vorliegenden Evidenz keine Schlussfolgerungen zu einer Wirksamkeit möglich sind. Dennoch ist die Homöopathie im deutschen Gesundheitswesen sehr präsent, indem die Präparate nur in Apotheken verkauft werden dürfen, die Homöopathie an Universitäten gelehrt wird, die Ärztekammern Weiterbildungen anbieten und die gesetzliche Krankenversicherung zunehmend die Kosten übernimmt – all dies suggeriert dem Laien, dass es sich bei der Homöopathie um eine anerkannte und erprobte Therapieform handle.

Ein Onkologe kann seine Patienten auf Nachfrage eigentlich nur dahingehend aufklären, dass eine durchgreifende und anhaltende Verbesserung seiner Situation durch die Homöopathie ausgeschlossen ist. Aber im Rahmen der Homöopathie ergeben sich oftmals bessere Bedingungen für das notwendige Gespräch zwischen Arzt und Patient – es wäre allerdings zu prüfen, ob die Homöopathie wirklich die besten Voraussetzungen dafür bietet.

Homöopathie und Krebs

Die Homöopathie nimmt unter den vielen Verfahren, die als alternative Heilmethoden für Krebs und andere schwere Krankheiten propagiert werden, eine Sonderstellung ein, da sie inzwischen sehr stark im Gesundheitswesen verbreitet ist und ihre Verfechter recht erfolgreich das Bild verbreiten, es handele sich um eine nachgewiesenermaßen wirksame Therapie.

Es gibt jedoch keine wissenschaftlichen Nachweise dafür, dass die Homöopathie bei der Behandlung von Krebs von irgendeinem kurativen Nutzen wäre, dennoch wird sie von vielen Seiten als Therapie der Wahl beworben. Es gibt Bücher mit Titeln wie „Die homöopathische Behandlung und Heilung von Krebs und metastasierter Tumore“ [23], „Homöopathie in der Krebstherapie“ [11], „Miasmatische Krebstherapie: Prozessorientierte Behandlung mit Homöopathie und Naturheilkunde“ [20]. Die Autoren dieser Titel sind beileibe keine obskuren Gurus, sondern Ärzte mit Approbation, die in ihrer Praxis oder Klinik angeblich erfolgreich Krebspatienten behandeln. „Eine ausschließlich homöopathische Krebsbehandlung…“ wird nicht etwa als möglicher Irrweg beschrieben, sondern „… sollte nur von sehr erfahrenen Homöopathen (Ärzten oder Heilpraktikern) durchgeführt werden“ steht ganz offen in einer Informationsschrift der Gesellschaft für biologische Krebsabwehr [8], eines von approbierten Ärzten getragenen gemeinnützigen Vereins zur Unterstützung von Krebspatienten.

Eine große Rolle bei der Meinungsbildung nicht nur zur Homöopathie, sondern auch zu anderen alternativmedizinischen Therapien bei Krebs spielen Fallstudien, die einzeln im Internet stehen oder in Buchform gesammelt veröffentlicht werden, beispielsweise „Krebs – Heilbar durch Homöopathie“ [16]. Auch die in den einschlägigen Kreisen oft zitierte Vorgehensweise nach den Banerji-Protokollen beruht auf nichts anderem als auf Fallberichten [3].

Fallbeispiele und persönliche Erfahrungsberichte sind jedoch auch in hoher Anzahl vollkommen ungeeignet, um auf eine Wirksamkeit der Therapie zu schließen. Menschen, bei denen sich die alternativmedizinische Behandlung als unvorteilhaft herausgestellt hat – prominentes Beispiel Steve Jobs – kommen in Fallbeispielen gemeinhin nicht vor. Sie können auch nicht mehr selbst über ihre Erlebnisse berichten, weil sie auf den Friedhöfen liegen. Somit liefern Fallberichte nur ein verzerrtes positives Bild.

Dass sich die positiven Verheißungen in der Realität nicht bestätigen, ist nur statistischen Betrachtungen zu entnehmen, die bei weitem nicht so einprägsam sind wie die mit viel Emotion und Sendungsbewusstsein verfassten persönlichen Berichte. In einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung zeigte sich, dass Patienten unter ausschließlich alternativer Therapie nach sieben Jahren eine etwa doppelt so hohe Sterberate aufweisen wie unter konventioneller Behandlung [9]. Es ist nicht zu leugnen, dass einige Patienten der Alternativmedizin deutlich länger überlebt haben als manche andere bei konventioneller Therapie. Letztendlich sind für den Patienten eher Chancen und Risiken wichtige Orientierungspunkte, die in der Einzelfallbetrachtung nicht erkennbar sind.

Die Homöopathische Lehre

Eine homöopathische Therapie besteht darin, dass ein Patient ein homöopathisches Mittel einnimmt, das ihm sein Therapeut aufgrund des Ähnlichkeitsprinzips verordnet hat. Demnach soll ein Mittel in der Lage sein, bei einem Kranken die Symptome erfolgreich zu behandeln, die es bei einem Gesunden hervorrufen kann, was allerdings keine Entsprechung in der modernen Physiologie und Pharmakologie hat. In der Anamnese ermittelt der Therapeut je nach Schule der Homöopathie sehr ausführlich die Symptome, nicht nur der aktuellen Beschwerden, sondern auch seelische und psychische Gegebenheiten, Vorlieben und Abneigungen, Modalitäten und die Familiengeschichte.

Aufgrund dieser Symptome wird anhand der Materia medica das Mittel verordnet, dessen Arzneimittelbild der Symptomlage des Patienten am ehesten entspricht, wobei es keine eindeutigen Regeln für Potenz und Dosierung gibt. Die Arzneimittelbilder selbst sind in homöopathischen Arzneimittelprüfungen durch gesunde Menschen ermittelt worden, die das Mittel eingenommen und alle daraufhin beobachteten Symptome aufgezeichnet hatten. Zusätzlich sind noch jene Symptome verzeichnet, die bei Kranken nach Einnahme des Mittels zurückgegangen waren. Diese Arbeitsgrundlagen des Homöopathen beruhen ergo alleine auf der Schlussfolgerung, dass die beobachtete Veränderung am Patienten oder Probanden auch eine Folge der Einnahme des Mittels war. Ohne die Kausalität zu verifizieren, alleine aus der zeitlichen Abfolge auf Ursache-Wirkungs-Beziehung zu schließen, ist als „post-hoc-ergo-propter-hoc“-Fehlschluss anzusehen.

Die verordneten Mittel werden vor der Anwendung potenziert, das heißt schrittweise verdünnt und bei jedem Schritt kräftig geschüttelt, was trotz der abnehmenden Konzentration des Einsatzstoffes entsprechend der homöopathischen Lehre und im Gegensatz zu den Erfahrungen des täglichen Lebens zu einer Steigerung der Wirkung des Mittels führen soll. Das Potenzieren geht bei den als besonders wirksam geltenden Mitteln so weit, dass keine Bestandteile der ursprünglich eingesetzten Stoffe mehr enthalten sind, was je nach Mittel spätestens ab einer Potenz D23 oder C12 der Fall ist. Selbst in niedrigsten Potenzen nimmt der Patient nur sehr geringe Tagesdosen ein, schon bei C1 bzw. D2 sind es nur ca. 13 µg. Eine pharmakologische Wirkung kann daher weitestgehend ausgeschlossen werden, insbesondere, wenn Mittel eingesetzt werden, die ohnehin in der Umgebung vorkommen oder mit der täglichen Nahrung aufgenommen werden.

Dieses ganze Therapiegebäude wurde von dem deutschen Arzt Samuel Hahnemann (1755-1843) Ende des 18. / Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelt, also vor den umwälzenden Fortschritten in der Medizin ab etwa 1850. Diese Erkenntnisse wiederum sind zu keiner Zeit in das Gedankengebäude der Homöopathie eingeflossen und so beruht sie in ihren weitgehend unhinterfragten Grundzügen auch heute noch auf den medizinischen Anschauungen zur Zeit der Französischen Revolution.

Evidenz zur Homöopathie

Ein Ähnlichkeitsprinzip ist außerhalb der Homöopathie nicht bekannt. Aus naturwissenschaftlicher Sicht kann die Homöopathie zudem keine arzneiliche Wirksamkeit aufweisen: Die Wirkstoffanteile sind zu gering, sofern überhaupt vorhanden, als dass sie durch Interaktion mit den Körperzellen einen Effekt erzielen könnten, der vom Ausgangsmaterial determiniert wäre. Es treten auch keine „Energien“, „Informationen“, „Schwingungen“ oder andere Phänomene in Erscheinung, die anstelle des Wirkstoffes der Urtinktur einen Heileffekt hervorrufen könnten. Die Arzneimittelbilder aus den homöopathischen Arzneimittelprüfungen sind Zufallsprodukte, deren Inhalte nicht verifiziert werden können.

Die vorliegende Evidenz gibt diesen Sachverhalt zutreffend wieder: Es gibt zwar durchaus einzelne klinische Studien, in denen scheinbar eine Überlegenheit der Homöopathie gegen Placebo festgestellt wurde, jedoch kann eine Einzelstudie aufgrund ihrer nur beschränkten Aussagekraft kein „Beweis“ sein, der ohnehin nur die betrachtete Indikation und Therapie betreffen würde und nicht die Homöopathie als Ganzes.

Zusammenfassende systematische Betrachtungen der vorliegenden klinischen Studien zur Homöopathie kommen durchgängig zu dem Schluss, dass es keine Indikation gibt, für die ein belastbarer Wirknachweis vorläge. Dies war im Jahr 1991 Ergebnis der ersten derartigen Arbeit von Kleijnen [10], genauso wie in der bislang umfangreichsten Arbeit, die im Auftrag des Gesundheitsministeriums Australiens durchgeführt und 2015 offiziell veröffentlicht wurde [14]. Selbst Mathie, Mitarbeiter des englischen Homeopathy Research Institutes, kommt in seinen Arbeiten 2014 und 2017 zu diesem Ergebnis [12, 13].

Zur kurativen Wirkung bei Krebs liegen keine klinischen kontrollierten Vergleichsstudien vor, lediglich zu Nebenwirkungen konventioneller Krebsbehandlungen. Eine Studie mit kleiner Teilnehmerzahl zeigte zunächst eine positive Wirkung eines Präparates bei Mukositis [15], was allerdings in nachfolgenden Arbeiten mit höherer Teilnehmerzahl nicht bestätigt werden konnte [18]. Eine Studie zeigt für eine Wirkung von Belladonna gegen die Hautirritationen nach einer Bestrahlung kein signifikantes Ergebnis auf [2].

Es liegen einige wenige Beobachtungsstudien vor, aus denen aus erkenntnistheoretischen Gründen nicht auf eine Wirksamkeit der Homöopathie geschlossen werden kann. Eine Arbeit, in der über Überlebensraten von 40 % durch Psorinum D6 berichtet wird, wurde ohne Kontrollgruppe durchgeführt [4]. Eine andere Arbeit kommt im Wesentlichen zu dem Ergebnis, dass die Patienten mit der homöopathischen Behandlung zufrieden waren [21]. In einer weiteren Arbeit wurde die Homöopathie konventionellen Therapien gegenübergestellt, wobei recht unterschiedliche Gruppen miteinander verglichen wurden. Die als Hauptkriterium bewertete Lebensqualität der Patienten in einer Privatklinik 10 Monate nach der Erstdiagnose war voraussehbar höher als bei Patienten eines Kreiskrankenhauses 3 Monate nach Erstdiagnose [17]. In der Wiener Uniklinik zeigte sich, dass die Patienten mit einer zusätzlichen ausführlichen homöopathischen Therapie eine bessere Lebensqualität angaben als solche, denen man die Zusatztherapie ersatzlos vorenthielt [5]. Die in einer retrospektiven Auswertung von Krankendaten aufgetretene längere Überlebensdauer unter einer homöopathischen Behandlung erwies sich hingegen in beträchtlichem Umfang als statistischer Artefakt [6, 1].

Allen diesen Arbeiten ist gemeinsam, dass sie mehr oder weniger starke Ansatzpunkte zur Kritik bieten, wobei ohnehin aus Beobachtungsstudien aufgrund vollkommen unkontrollierter Nebeneinflüsse keine Aussagen zur Wirksamkeit einer Therapie abgeleitet werden können. Insbesondere die fehlende Randomisierung kann zu sehr unterschiedlichen Zusammensetzungen der Gruppen führen und die fehlende Verblindung leistet allen Arten von Placebo- und Noceboeffekten Vorschub.

Homöopathie in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit

Die Darstellung der Homöopathie in der Öffentlichkeit entspricht erstaunlicherweise keineswegs der Lage der Evidenz. Ganz im Gegenteil wird das Bild einer wirkungsvollen und dabei sanften Therapie gezeichnet.

Im persönlichen Umfeld jedes Patienten gibt es wahrscheinlich viele, die bereits Heilerfolge mit der Homöopathie erlebt haben – wobei es sich in den meisten Fällen um selbstlimitierende Erkrankungen gehandelt haben dürfte, deren positiver Verlauf aber als Erfolg der Homöopathie fehlgedeutet wird [19].

Homöopathika sehen aus wie richtige Medikamente und dürfen nur in Apotheken verkauft werden. Ärztekammern bieten Weiterbildungskurse an und vergeben die Zusatzbezeichnung Homöopathie. Krankenkassen übernehmen zunehmend die Kosten einer homöopathischen Therapie im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung. Viele Universitäten bieten Ringvorlesungen an und unterhalten Arbeitskreise. Apotheken bewerben Homöopathika offensiv und raten zu deren Einsatz. Sogar in einigen Universitätskliniken wird die Homöopathie eingesetzt. Hinzu kommen noch unzählige Webseiten sowie eine unüberschaubare Fülle an Ratgeberliteratur, redaktionellen Beiträgen in Publikumszeitschriften, besonders für Frauen und junge Familien. Kurz: Wer sich zur Homöopathie informieren will, erlebt eine mediale Breitseite an Informationen pro Homöopathie, der man sich nicht entziehen kann.

Eine von ausgewiesenen Fachgesellschaften oder von Medizinerkreisen dargestellte Gegenposition und sachliche Aufklärung sucht man hingegen vergeblich.

Dazu gibt sich die Homöopathie gerne wissenschaftlich. Es werden mehrmals jährlich von den unterschiedlichen Organisationen Kongresse durchgeführt, die in medialer Aufmachung und Anspruch in Nichts hinter normalen Ärztekongressen zurückstehen, und zu denen auch gelegentlich hochrangige Vertreter der Gesundheitspolitik die Schirmherrschaft übernehmen, wie zum Beispiel auf dem LMHI-Kongress 2017 in Köthen. Man führt Studien durch und unterhält eine „Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie“, die erst 2016 ein über 70-seitiges Papier herausgebracht hat [22], in dem angeblich die Forschungslage aufgearbeitet wird. Durch für den Fachmann leicht durchschaubares Cherrypicking, durch Überinterpretation von Ergebnissen und suggestiver Ausdrucksweise wird dem Laienpublikum nahegebracht, dass die zusammenfassende Betrachtung klinischer Forschungsdaten einen therapeutischen Nutzen der Homöopathie hinreichend belege und die Ergebnisse zahlreicher placebokontrollierter Studien sowie Experimente aus der Grundlagenforschung für eine spezifische Wirkung potenzierter Arzneimittel spreche.

Alles dies steht im krassen Gegensatz zum wissenschaftlichen Erkenntnisstand, der mit durchaus bewundernswerter Phantasie in Abrede gestellt wird, etwa mit der Aussage, dass die Wissenschaft „noch nicht so weit sei“, die Homöopathie erklären zu können. Oder mit Verweis auf abstruse Erklärungsmuster wie ein Wassergedächtnis, das angeblich in der Lösung ein Abbild des herausverdünnten Wirkstoffes festhalte und somit die Wirksamkeit beim Potenzieren steigere – was allerdings in der modernen Physik keine Entsprechung hat. Mittels rhetorischer Kunstgriffe wird das wahre Bild verschleiert, etwa, dass man „noch nicht ganz genau wüsste“, wie Homöopathie funktioniert, was das Ausmaß der Lücke im Erklärungsmodell in den Ohren eines Laien erheblich verkleinert und fälschlicherweise suggeriert, die Lösung des Problems stehe mehr oder weniger zeitnah ins Haus.

Infolge dieses ungerechtfertigt positiven Bildes ist es nicht erstaunlich, dass die Homöopathie im Bewusstsein der Patienten immer weiter in den Vordergrund tritt und sich als zur wissenschaftsbasierten Medizin ebenbürtige, wenn nicht gar überlegene Therapieform etabliert.

Konsequenz für Krebspatienten: Homöopathie in der Onkologie

Eine sachgerechte Aufklärung eines Krebspatienten über Chancen und Risiken einer homöopathischen Therapie kann eigentlich nur darauf hinauslaufen, dass es keine berechtigten Aussichten auf eine kurative Wirksamkeit der Behandlung gibt. Nicht unwesentlich für den „Erfolg“ der Homöopathie ist allerdings die vertrauensvolle Gesprächssituation zwischen Arzt und Patient: das „therapeutisches Setting“. Bei vielen Patienten – und besonders auch bei onkologischen Patienten – ist sicher ein erhöhter Gesprächsbedarf gegeben, der zwischen der medizinischen Aufklärung über die Krankheit, ihrer Diagnostik, ihrer Therapiemöglichkeiten und ihrer Prognose einerseits und über psychotherapeutische Gespräche zur „Bewältigungsstrategie“ andererseits hinausgeht [7].

In diesem Zwischenbereich, in diesem „Niemandsland“ dieser Aufgabenstellungen der bisherigen „konventionellen“ medizinischen Gesprächsführung liegt möglicherweise ein Einsatzgebiet der „komplementären Medizin“. Es ist aber erforderlich, dass die „komplementäre Gesprächsführung“ auf einer ehrlichen Grundlage steht: Eine arzneiliche Wirkung der Homöopathika selbst ist nicht vorhanden, was klar und deutlich dargestellt werden muss. Gute Gespräche zwischen Arzt und Patient haben einen eigenen Wert „sui generis“ und bedürfen keiner „Arzneilüge“. Dabei ist zu diskutieren, ob die Homöopathie das wirklich optimale Setting darstellt, denn letztlich sind die vom Patienten oftmals als hilfreich erlebten Gespräche primär darauf ausgerichtet, ein zu verordnendes Mittel zu definieren und nicht auf die Psyche des Kranken einzuwirken.

Es ist zu wünschen, dass die Medizin, möglicherweise auch unter Berücksichtigung von Aspekten der alternativen und komplementären Medizin, für das schwierige Gespräch mit onkologischen Patienten tragfähige Strategien entwickelt, besonders, für die Situation wenn die Prognose infaust ist.

Wünschenswert ist auch, dass „die Ärzteschaft“ sich an der öffentlichen Meinungsbildung zu alternativen Behandlungskonzepten deutlich stärker beteiligt, insbesondere zur Homöopathie und anderen auch von Ärzten vertretenen Konzepten klar Stellung bezieht und ihren Beitrag zur Aufklärungsarbeit übernimmt.

Literaturnachweise:

[1] Aust N: Prolonged lifetime by adjunct homeopathy in cancer patients – a case of immortal time bias, Complementary Therapies in Medicine (2016);24:80

[2] Balzerini A, Felisi E, Martini A, de Conno F: Efficacy of homeopathic treatment of skin reactions during radiotherapy for breast cancer: a randomised, double-blind clinical trial, British Homeopathic Journal (2000);89,8-12

[3] Banerji P, Campbell DR, Banerji P: Cancer patients treated with the Banerji protocols utilising homeopathic medicine: A best case series program of the National Cancer Institute, Oncology Reports 2008; 20:69-74

[4] Chatterjee A, Biswas J, Chatterjee A et al.: Psorinum therapy in treating stomach, gall bladder, pancreatic and liver cancers: a prospective clinical study, Evidence-Based Complementary and Alternative Medicine (2011); ID 724743:1-7

[5] Frass M, Friehs H, Thallinger C et al.: Influence of adjunctive classical homeopathy on global health status and subjective wellbeing in cancer patients – a pragmatic randomised trial, Complementary Therapies in Medicine (2015);23:309-317

[6] Gaertner K, Müllner M, Friehs H et al.: Additive homeopathy in cancer patients: Retrospective survival data from a homeopathic outpatient unit at the Medical University of Vienna, Complementary Therapies in Medicine (2014);22:320-332

[7] Grams, N. „Warum wenden sich Patienten der Homöopathie zu?“, Homöopathie neu gedacht. Springer Berlin Heidelberg, 2015. 85-157.

[8] Irmey G: GfBK-Info Homöopathie, Informationsblatt der Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr e.V., Stand: November 2016

[9] Johnson SB, Park HS, Gross CP, Yu JB: Use of alternative medicine for cancer and its impact on survival; JNCI J Natl Cancer Inst (2018);110(1): djx145

[10] Kleijnen J, Knipschild P, ter Riet G: Clinical trials of homeopathy, BMJ 1991;302:316-23

[11] Ködel R: Homöopathie in der Krebstherapie, 1. Auflage, Hippokrates-Verlag, 2009

[12] Mathie RT, Lloyd SM, Legg LA et al.: Randomised placebo-controlled trials of individualised homeopathic treatment: systematic review and meta-analysis, Systematic Reviews 2014;3:142

[13] Mathie RT, Rampersad N, Legg LA et al.: Randomised, double blind, placebo-controlled trials of non-individualised homeopathic treatment: Systematic review and meta-analysis, Systematic Reviews 2017;6:663

[14] National Health and Medical Research Council: NHMRC Information Paper: Evidence on the effectiveness of homeopathy for treating health conditions. Canberra: NHMRC;2015

[15] Oberbaum M: Experimental treatment of chemotherapy-induced stomatitis using a homeopathic complex preparation: a preliminary study, Biomedical Therapy (1998);16(4):261-265

[16] Pareek RS et al.: Krebs: Heilbar durch Homöopathie, 1. Auflage, K. Kröger-Verlag, 2007

[17] Rostock M, Naumann J, Guethlin C et al.: Classical homeopathy in the treatment of cancer patients – a prospective observational study of two independent cohorts, BMC Cancer (2011);11:19

[18] Sencer SF, Zhou T, Freedman LS et al.: Traumeel S in preventing and treating mucositis in young patients undergoing SCT: a report of the Children’s Oncology Group, Bone Marrow Transplantation (2012) 1409-1414

[19] de Sombre S: Homöopathische Arzneimittel 2014 – Bekanntheit, Verwendung und Image, Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach, 2014

[20] Sonnenschmidt R: Miasmatische Krebstherapie: Prozessorientierte Behandlung mit Homöopathie und Naturheilkunde, 1. Auflage, Verlag Homöopathie + Symbol, 2008

[21] Thompson EA, Reilly D: The homeopathic approach to symptom control in the cancer patient: a prospective observational study, Palliative Medicine (2002);16:227-233

[22] Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie e.V.(Hrsg.): Der Aktuelle Stand der Forschung zur Homöopathie, Köthen, Mai 2016

[23] Wurster J: Die homöopathische Behandlung und Heilung von Krebs und metastasierten Tumoren, 8. Auflage, Irl-Verlag, 2013

Krebs-Ratgeber Rat&Hilfe 📚