Bildquelle: J. Guntau at German Wikipedia [Public domain], via Wikimedia Commons
Wie stark reduziert sich das Krebsrisiko nach einer Polypenentfernung?
Die Vorsorgekoloskopie hat neben der Krebsfrüherkennung auch das Ziel krebsgefährdende Polypen (Adenome) zu entfernen. Grenzwertig gefährlich sind Adenome zwischen 0,6 und 1 cm. Etwa 3 bis 4% von ihnen sind verdächtig. Sehr kleine Adenome sind selten bösartig und brauchen in ihrer Gesamtheit nicht abgetragen zu werden. Allerdings können sich hinter manchen kleinen und harmlos erscheinenden „hyperplastischen Polypen“ gefährliche, serrierte (serratierte) Adenome verbergen, weswegen bei solchen Befunden zumindest häufiger Kontrollkoloskopien durchgeführt werden sollten. Im Allgemeinen werden Polypen > 6 mm entfernt. Das Krebsrisiko reduziert sich dadurch auf bis zu 90% und die Krebssterblichkeit um 50%. Polypen >1 cm sollten vorsorglich immer auch dann entfernt werden, wenn sie optisch harmlos erscheinen. Sehr große Polypen sollten chirurgisch (mit Eröffnung des Bauchraums) entfernt werden. Bei alleiniger endoskopischer Abtragung wäre die Gefahr zu groß, dass Krebsgewebe im Darm verbleibt. Eine chirurgische Nachbehandlung ist dann erforderlich, wenn sich bei der Gewebeuntersuchung eines entnommenen Polypen herausstellt, dass dieser besonders gefährlich ist (z. B. bei einer Gewebedifferenzierung von G3, G4 und/oder Lymphgefäßeinbrüchen) oder sich bei der feingeweblichen Untersuchung erweist, dass der Polyp nicht „im Gesunden“ entfernt wurde. Die Frage, in welchen Zeitabständen Kontrolluntersuchungen erfolgen sollen, ohne etwas zu versäumen, aber auch ohne Überdiagnostik zu betreiben, wird sehr unterschiedlich beurteilt. Anzahl, Größe und Gefährdungspotential der Adenome entscheiden hierüber.
Wann wird eine prophylaktische Entfernung des Dickdarms empfohlen (Kolektomie)?
Menschen mit einem FAP-Syndrom gehören zu den „Höchstrisikopersonen“, bei denen der gesamte Darm (also Dickdarm und Enddarm) zwischen dem Ende der Pubertät und dem 20. Lebensjahr prophylaktisch entfernt werden sollte. Mit dem Eingriff ist häufig die Anlage eines künstlichen Darmausgangs nötig. Dies ist zwar ein großer Eingriff mit erheblichen Auswirkungen auf die Lebensqualität, bietet jedoch den einzigen Schutz vor Krebs. Bei einer HNPCC-Erbanlage (Lynch-Syndrom) wird in Deutschland ein individuell risikoadaptiertes Vorgehen empfohlen. Eine generelle Empfehlung, den Dickdarm entfernen zu lassen, gibt es nicht. Die deutschen Leitlinien empfehlen koloskopische Kontrollen in einjährigen Zeitabständen, um erst bei Auftreten von Verdachtsmomenten chirurgisch einzugreifen (Schmiegel et al. 2008). Bei einer ausgedehnten Colitis ulcerosa (Pancolitis), deren Aktivität sich medikamentös nicht aufhalten lässt, wird man eine totale Entfernung des Darms in Betracht ziehen müssen.
Quelle und Leseempfehlung zur Darmkrebs-Vorsorge:
Darmkrebs vermeiden (Personalisierte Krebsvorsorge und Früherkennung)
Hermann Delbrück ist Arzt für Hämatologie – Onkologie und Sozialmedizin sowie Rehabilitation und physikalische Therapie und Hochschullehrer für Innere Medizin und Sozialmedizin. Während seiner Laufbahn in der experimentellen, kurativen und vor allem rehabilitativen Onkologie veröffentlichte er mehrere Lehrbücher. Er ist der Herausgeber zahlreicher Ratgeber für Betroffene mit Krebs. Seit seiner Emeritierung 2007 befasst er sich vorrangig mit Fragen der Prävention von Krebs.