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Körperliche Inaktivität und Krebs

Inaktivität und Krebs

Sportliche Aktivitäten gibt es seit Menschengedenken, aber erst in jüngster Zeit werden sie mit Gesundheit im Zusammenhang gebracht. Zahlreiche epidemiologische Untersuchungen gehen von einer Senkung des Herz-Kreislauf- und des Krebsrisikos aus, würde sich die Bevölkerung körperlich stärker betätigen. Es kommt zu vorbeugenden Effekten bei einer Vielzahl akuter und chronischer Krankheiten. In der Krankheitsphase können Medikamente eingespart werden, ja sogar operative Eingriffe verhindert werden. In der Nachbetreuung kommt es zu einer rascheren Regeneration und Leistungsfähigkeit, auch in beruflicher Hinsicht.

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Der Wirkmechanismus von körperlicher Inaktivität auf das Krebs-Erkrankungsrisiko ist noch weitgehend unklar. Er ist Gegenstand vieler Hypothesen, bei denen Genmutationen eine zentrale Bedeutung haben

Täglich entstehen viele tausend Mutationen. Sie werden durch Substanzen verursacht, die unser Körper selbst produziert, aus der Umwelt stammen, teilweise ererbt sind oder zufällige Fehler der DNA-Replikation sind. Man geht davon aus, dass 99 % dieser strukturell veränderten Gene unwirksam bleiben bzw. eliminiert werden.

Strukturelle Veränderungen des Genoms – im Sinne einer Mutation – sind als alleiniger Wirkmechanismus von körperlicher Inaktivität und Ursache eines Tumors unwahrscheinlich. Zwar kann es, – speziell beim Ausdauertraining – zu strukturellen Veränderungen an den Telomeren kommen, doch diese haben, nach bisherigem Kenntnisstand, keine gesundheitlichen Auswirkungen. Eher haben Veränderungen der Genexpression einen Einfluss (Ligibel et al 2019, Behrens et al 2018, Heikenwälder et al 2019, Werner et al 2018, Werner et al 2018, Sjögren et al 2014). Die Genexpression kann sich auf direktem und auf indirektem Wege verändern. Eine direkte Beeinflussung ist möglich, aber schwer nachweisbar. Wahrscheinlicher und eher nachweisbar sind indirekte Effekte von körperlicher Aktivität auf epigenetisch wirkende Faktoren, wie die Geschlechtshormone, den Fettstoffwechsel, Entzündungsfaktoren, ja sogar die Psyche.  

Mutagen wirkende Kanzerogene:

  • Chemische Schadstoffe wie Zytostatika, Acetaldehyd, Anilin

Epigenetisch wirkende Tumorpromotoren, die die Aggressivität von Krebszellen erhöhen und eine Gewebeinfiltration begünstigen (Tumorpromotoren).

  • körperliche Inaktivität                                                    (wirkt epigenetisch)
  • starkes Übergewicht                                                       (wirkt epigenetisch)
  • Alkoholkonsum                        (wirkt sowohl mutagen als auch epigenetisch)
  • Geschlechtshormone                                                    (wirken epigenetisch)
  • Medikamente              (können sowohl mutagen als auch epigenetisch wirken)
  • Tabakkonsum                           (wirkt sowohl mutagen als auch epigenetisch)
  • Entzündungen            (wirken möglicherweise mutagen als auch epigenetisch)
  • schlechte Ernährung                                                       (wirkt epigenetisch)
  • schlechte Immunabwehr                                                  (wirkt epigenetisch)
  • Stress                                                                            (wirkt epigenetisch)
  • Zytostatika                                                                        (wirken mutagen)
  • Insulinresistenz                                                               (wirkt epigenetisch)
  • Mechanische Faktoren                                                  (wirken epigenetisch)
  • Mikrobiom                                                                    (wirkt epigenetisch)
  • Vitamine                                                                    (wirken epigenetisch?)
  • Ballaststoffe                                                                   (wirkt epigenetisch)
  • Leberverfettung                                                               (wirkt epigenetisch)
  • Psyche                                                                           (wirkt epigenetisch)

Kommentar: Voraussetzung für die Entstehung von Krebszellen sind Genmutationen. Sie wirken allerdings erst dann, wenn zusätzliche „Promotoren“ auf sie einwirken. Durch sie kommt es entweder zu einer Aktivierung der Genmutationen oder zu einer Schwächung der Reparaturgene. Epigenetische Einflüsse können somit Prozesse (pathway events) wie jene der Signalübertragung und der DNA-Reparatur aktivieren oder inaktivieren, beschleunigen oder verlangsamen.

Der Einfluss mutagen wirkender Substanzen auf die Krebsentstehung ist somit geringer als allgemein angenommen. Das bedeutet aber nicht, dass sie belanglos wären. Im Gegenteil, Genmutationen sind eine Vorbedingung für die Krebsentstehung, bedürfen aber zusätzlicher Einflüsse wie z. B. der körperlichen Aktivität.

Körperliche Aktivität wirkt wie ein Schalter, der die Expression von Krebsgenen an- oder ausschaltet und somit darüber bestimmt, ob sich Krebszellen in ihrer Mikroumgebung einen Wachstumsvorteil verschaffen oder nicht. Inaktivität erhöht auch die Invasionsbereitschaft des Gewebes, so dass sich Karzinomzellen im Gewebe ausbreiten können.

Körperliche Inaktivität ist kein mutagen wirkendes Karzinogen, das Chromosomenbrüche und Genmutationen verursacht und somit zu einer Veränderung der Aminosäurensequenz führt. Sie ist ein epigenetisch wirkender Einflussfaktor, der die Aggressivität von „schlafenden Krebsgenen“ aktiviert. Latente Krebsgene und Krebszellen werden aktiviert, Schutzmechanismen inaktiviert und die Mikroumgebung negativ im Sinne einer Begünstigung der Krebsausbreitung beeinflusst.

Die Bedeutung epigenetischer Einflüsse für die Krebsentwicklung ist längst nicht so weit erforscht wie die der klassischen, mutagen wirkenden, Karzinogene. Ihre Funktion als Bindeglied zwischen Erb- und Umwelteinflüssen wurde lange unterschätzt.

Ratgeber Inhalte

Hypothesen zum Krebsschutz bei körperlicher Aktivität

Körperliche Aktivität kann das Erkrankungsrisiko einiger Tumore um bis zu 25 Prozent verringern. Welche Mechanismen hierfür verantwortlich sind, ist Gegenstand vieler Hypothesen. Diskutiert werden sowohl direkte als auch indirekte Schutzmechanismen. Einige Beispiele werden im Folgenden kommentiert.

Hypothesen zur Krebsprävention durch körperliche Aktivität

  • Inaktivierung von Krebsgenen (direkter Einfluss)?
  • Aktivierung von Reparaturgenen (direkter Einfluss)?
  • Hemmender Einfluss von Myokinen (Muskelenzymen) auf die Genaktivität und/oder die Vermehrung von Krebszellen (direkter Einfluss)?
  • Verhinderung und Abbau von krebsförderndem Lifestyle-Verhalten, wie z. B.  Reduzierung von Übergewicht (indirekter Einfluss)?
  • Einflüsse auf die lokale und systemische Immunabwehr (indirekter Einfluss)?
  • Einfluss auf die Insulinempfindlichkeit der Muskulatur (indirekter Einfluss)?
  • Verringerung des Krebsrisikofaktors Insulinresistenz (indirekter Einfluss)?
  • Verstärkung von Therapieeffekten (indirekter Einfluss)?
  • Auswirkungen auf die Aufnahme von Vitamin-D3 (indirekter Einfluss)?
  • Einfluss auf die Geschlechtshormone (indirekter Einfluss)?
  • Reduzierung von Entzündungsfaktoren (indirekter Einfluss)?
  • Abwehr von oxidativem Stress und DNA-Schäden (direkter Einfluss)?

Damit Genmutationen eine Krebskrankheit herbeiführen, bedarf es in der Regel zusätzlicher Einflüsse. Zu ihnen gehören Lifestyle-Einflüsse, wie z. B. Bewegungsarmut, Übergewicht, Alkohol, Stress und Psyche. Es gibt Vermutungen und inzwischen auch Beobachtungsstudien, dass sich das Erkrankungsrisiko von Mutationsträger(innen) durch körperliche Aktivität und Sport positiv beeinflussen lässt. Der Krankheitsverlauf ist dann weniger aggressiv. Vorläufige Ergebnisse der deutschlandweiten prospektiv randomisierten Lebensstil-Intervention-Studie (Libre- Studie) weisen auf ein geringeres Erkrankungsrisiko infolge körperlicher Aktivität bei einer genetischen Vorbelastung für Brustkrebs (BRCA-1/2- Mutationen) hin (Kiechle und Grimm 2016, 2020).

Während sich die Invasionsbereitschaft des Gewebes bei Inaktivität erhöht (ja sogar Tochtergeschwulste entstehen), verhindert körperliche Aktivität möglicherweise die Invasion von Karzinomzellen.

Kommentar: Mehrere Beobachtungsstudien, so die Langzeitstudie „Motorik Modul 2019“, bestätigen die Bedeutung von Bewegung und Sport als Schutzfaktor. Kommt es zu einer Erkrankung, so soll sie weniger aggressiv verlaufen, wenn man sich früher körperlich belastet hat (Zhou et al 2014).

Schützender Einfluss auf den Krebsrisikofaktor: Muskuläre Inaktivität?

Eine direkte wachstumshemmende Wirkung kann von Muskeln über Enzyme (Myokine) ausgehen, die von diesen bei Aktivierung in die Blutbahn abgegeben werden. Studien in Zellkulturen, in Tierversuchen und neuerdings auch bei Krebspatienten bestätigen derartige direkte krebshemmenden Effekte durch Muskelenzyme. Bei Prostatakrebskranken wurde eine von bewegungskonditioniertem Serum ausgehende Wachstumshemmung festgestellt (Schwappacher et al 2020, Leitzmann et al 2015).

Kommentar: Verringern sich die Muskelmasse und die Muskelaktivität, dann nehmen auch diejenigen Hormone ab, die im Muskel gebildet werden und die die Krebszellvermehrung hemmen. Körperliche Aktivität erhöht das Muskelvolumen und damit auch die krebshemmenden Enzyme.

Schützender Einfluss auf den „Krebsrisikofaktor“: Übergewicht?

Experten behaupten, Übergewicht habe den Tabakkonsum inzwischen als wichtigste vermeidbare Krebsursache abgelöst. Tatsächlich gibt es zahllose Studien, die den negativen Einfluss von Übergewicht auf die Krebsentstehung und den Krankheitsverlauf bestätigen. Die Sterblichkeit ist bei adipösen Männern und Frauen zwischen 52 und 88 Prozent höher als bei Normalgewichtigen. Je höher der BMI-Wert, desto größer die Krebsgefährdung.

Übergewichtige können ihr Risiko durch körperliche Aktivität reduzieren. Erhöhen sie den Energieverbrauch, so steigt die Insulinempfindlichkeit der Muskelzellen. Die Insulinresistenz sinkt, das Krebsrisiko nimmt ab. Dies ist der Fall bei adipösen Frauen nach den Wechseljahren. Normalerweise sind sie stärker krebsgefährdet. Sind sie hingegen körperlich aktiv, normalisiert sich das Krebsrisiko.

Zur Gewichtsabnahme sollten bevorzugt Bewegungsformen eingesetzt werden, die viele Muskelgruppen beanspruchen; also Ausdauersportarten wie Laufen, Radfahren, Schwimmen, Ergometertraining. Gleichzeitiges Krafttraining ist günstig, zumal es die Leistungsfähigkeit der Muskulatur noch steigert. Bei sehr starkem Übergewicht werden ausschließlich Übungen ohne Gelenkbelastung – also Krafttraining – empfohlen.

Kommentar und Empfehlungen für die Praxis: Kormlos und Brabec, die 2010 das Eingangsgewicht amerikanischer Rekruten in den vergangenen 150 Jahren ermittelten, stellten bei ihnen einen durchschnittlichen BMI < 20 zwischen 1850 und 1879 fest. Dieser stieg von 1880 bis 1909 auf über 20, von 1920 bis 1939 auf 22,5 und 1980 auf 24 an. 2018 war der durchschnittliche BMI der Rekruten so hoch, dass das Pentagon Bedenken hinsichtlich zur Einsatzbereitschaft der Armee äußerte.  

Übergewichtige Frauen haben nach der Menopause dann kein erhöhtes Krebsrisiko, wenn sie früher sportlich aktiv gewesen sind. Erkranken sie trotzdem, so verläuft bei ihnen die Krebserkrankung weniger aggressiv. Beobachtungen bei Sumo-Ringern sprechen ebenfalls für die Richtigkeit der Behauptung, dass der Schutzfaktor von körperlicher Aktivität größer ist als der Risikofaktor von Übergewicht: Sie sollen trotz ihres beeindruckenden Übergewichts kein erhöhtes Krebsrisiko haben, weil sich das Fett bei ihnen unter der Haut befindet und nicht zwischen den Bauchorganen. Es handelt sich um braunes, also „gutes Fett“.

Schützender Einfluss auf den „Krebsrisikofaktor“: Immunabwehrschwäche?

Die körpereigene Immunabwehr ist bei körperlicher Inaktivität herabgesetzt, was eine höhere Infektanfälligkeit zur Folge hat. Eine besondere Bedeutung kommt hierbei den Makrophagen zu, die bei moderater körperlicher Aktivität aktiviert werden. Laut einer Studie von Duggal et al (2018) haben Senioren, die in ihrem Leben regelmäßig Ausdauersport betrieben, deutlich aktivere B- und T-Zellen im Blut. Regelmäßiges Ausdauertraining stärkt die unspezifische Immunabwehr. Die natürlichen Killerzellen werden aktiviert und die Aktivität von Krebszellen gehemmt (Petersen et al 2016).

Kommentar und Empfehlungen für die Praxis: Tierstudien zeigen, dass Mäuse, die sich auf einem Laufrad austoben können, fünfmal mehr natürliche Immunabwehrzellen (Killerzellen) haben als ihre trägen Artgenossen.

Extreme körperliche Belastungen können sich allerdings nachteilig auswirken (Groh et al 2012). Studien belegen eine zeitweilig hohe Anfälligkeit nach einem Marathonlauf.

Nicht nur Organe wie Herz, Lunge und Hirn, sondern auch das Immunsystem entwickelt mit dem Alter physiologische Schwächen (Immunoseneszenz). Es kommt zu erhöhten entzündungsfördernden Aktivitäten, möglicherweise auch Krebs. Ein Grund umso mehr, um im höheren Alter etwas zur Schonung und Förderung der Immunabwehr zu tun. Moderate körperliche Aktivität kann dazu beitragen.

Schützender Einfluss auf den „Krebsrisikofaktor“: Übermäßiges Körperfett?

Bewegungsmangel und eine zu hohe Energieaufnahme führen zu einer übermäßigen Fettablagerung. Sie zählen zu den Krebsrisikofaktoren. Wer sich ausreichend bewegt und ausgewogen ernährt, hält seinen Energiehaushalt im Gleichgewicht und verhindert eine „Verfettung“.

Fettgewebe ist nicht nur ein Energiespeicher, sondern ist auch sekretorisch aktiv. Es bildet Hormone, die neben dem Appetit und Hunger auch Entzündungsreaktionen beeinflussen. Fettzellen wandeln Vorstufen der Sexualhormone – mithilfe eines Enzyms – in Östrogene um, die in der Brust und Gebärmutterschleimhaut das Zellwachstum stimulieren. Diese können – besonders nach den Wechseljahren –Tumore hervorrufen. Neben Östrogenen schüttet das Fettgewebe auch Leptin und Adiponektin sowie einige Zytokine wie Interleukin 6 im Überschuss aus. Menschen mit extremem Übergewicht haben daher mehr Leptin und weniger Adiponektin im Blut als ihre normalgewichtigen Zeitgenossen. Dieses veränderte Verhältnis der Fetthormone bedingt, dass wachstumsfördernde Signalwege in den Zellen über die Maße aktiviert oder Kontrollmechanismen abgeschaltet werden. Leptin fördert nachweislich in Zellkultur- und Tierversuchen das Wachstum von Darmkrebs-, Brustkrebs, Prostatakrebs und Eierstockkrebszellen.

Mit zunehmendem Alter kommt es selektiv zu Fettablagerungen im Bauchraum. Bauchfett produziert Wachstumshormone und Entzündungsfaktoren, die wiederum das Krebsrisiko erhöhen (Imayama, I et al 2011). Je weniger Bauchfett man hat, umso geringer ist das Krebsrisiko

Kommentar und Empfehlungen für die Praxis: Muskeln wiegen mehr als Fett. Wer abnehmen will und dabei auf die Waage schaut, wird bei Beginn seines Kraft- oder Ausdauertrainings möglicherweise enttäuscht sein, denn die Muskulatur schwillt bei Aktivität an und der Körper nimmt an Gewicht zu. Die Waage wird – wenn überhaupt – nur einen minimalen Gewichtsverlust anzeigen. Besser ist es, den Hüftumfang im Blick zu haben. Wer den Gürtel zwei bis drei Löcher enger schnallen kann, hat schon einiges erreicht – über die schmalere Taille hinaus.

Ob man mit isoliertem Muskeltraining gezielt an bestimmten Körperstellen – z. B. Bauchfett – abnehmen kann, ist umstritten (Kesztyüs, D et al 2018, Vissers, D et al 2013, Kay, S et al 2006). Allgemein heißt es, Bauchfett wird nur im Zuge eines allgemeinen systemischen Fettverlustes abgebaut. Die genetische Disposition bestimmt, wo und zu welcher Zeit der Körper Fett verstoffwechselt.

Einige Protagonisten meinen, man könne die Fettverteilung durch Krafttraining stärker beeinflussen als mit Ausdauertraining. Befürworter des Ausdauertrainings behaupten das Gegenteil. Sicher ist: Sowohl mit Kraft- als auch mit Ausdauertraining nehmen die Bauchmuskeln an Volumen eher zu, das Bauchfett aber wird nicht selektiv verbrannt.

Schützender Einfluss auf den „Krebsrisikofaktor“: Metabolisches Syndrom?

Von einem metabolischen Syndrom spricht man dann, wenn drei von fünf folgenden Faktoren zutreffen: 1.) Taillenumfang > 88 cm bei Frauen und >102 cm bei Männern (Europäer), 2.) Bluthochdruck > 130 mm Hg systolisch und > 85 mm Hg diastolisch, 3.) Nüchtern-Blutzucker > 100 mg/dl, 4.) Triglyceride > 150 mg/dl, 5.) HDL-Cholesterol < 50 mg/dl bei Frauen und < 40 mg/dl bei Männern. Menschen mit einem metabolischen Syndrom haben nicht nur ein erhöhtes Risiko für Diabetes, Gefäßerkrankungen und Herzinfarkt, sondern auch für Krebs.

Kommentar und Empfehlungen für die Praxis: Körperliche Aktivität erhöht im Blut das HDL-Cholesterin und reduziert die LDL-Fettwerte, verringert die Triglyceride und den Taillenumfang.

Schützender Einfluss auf den „Krebsrisikofaktor“: weibliche Geschlechtshormone

Je größer der Körperfettanteil ist, desto höher ist bei Frauen der Östrogenspiegel, denn im Fettgewebe werden Östrogene produziert. Je länger östrogenempfindliches Gewebe dem Einfluss von Östrogenen ausgesetzt ist, desto höher ist das Risiko einer bösartigen Entartung Der hohe Östrogenspiegel bei übergewichtigen und bewegungsarmen Frauen erklärt deren Krebsrisiko. Östrogene sind ein Wachstumsreiz für Zellen, auch für Krebszellen. Bei sportlicher Betätigungsinkt der Östrogenspiegel; einer der Gründe, weswegen Sportlerinnen ein geringeres Krebsrisiko haben sollen.

Kommentar und Empfehlungen für die Praxis: Körperliche Aktivität reduziert in ähnlicher Weise auch die Produktion von Androgenen bei Männern. Athleten sollen häufig einen niedrigeren Testosteronspiegel haben als Nichtsportler. Ob sie deswegen auch seltener an einem Prostatakarzinom erkranken, ist zwar nicht nachgewiesen, aber wird vermutet

Schützender Einfluss von körperlicher Aktivität auf den „Krebsrisikofaktor“ hoher Cholesterinspiegel? 

Ein hoher Cholesterinwert galt lange als Krebsrisiko, weswegen früher nicht nur Herz-Kreislauf-Kranken, sondern auch Krebsgefährdeten gerne Fettblocker (Statine) verschrieben wurden. Die Einnahme von Statinen wurde mit einer Risikominderung für Krebsarten wie Leberkarzinom, Brust-, Magen-, Bauchspeicheldrüsen- und Gallengangskrebs in Verbindung gebracht. Heute hat diesbezüglich ein Umdenken stattgefunden. Zum einen unterscheidet man heute zwischen gutem Cholesterin (HDL) und schlechtem Cholesterin (LDL), und zum anderen scheint nicht der Cholesterinwert im Blut, sondern die fettreiche Ernährung und das Übergewicht der Grund für das erhöhte Krebsrisiko zu sein. Ein hoher HDL-Spiegel wirkt sich eher positiv auf das Erkrankungsrisiko (für manche Krebsarten) aus. Ein hoher LDL-Spiegel („negatives Cholesterin“) gilt als ungünstig, weswegen es im Volksmund auch das schlechte Cholesterin genannt.

Kommentar und Empfehlungen für die Praxis: Zwar sinkt bei einer cholesterinarmen Diät der Cholesterinspiegel, allerdings sinken nicht nur die schädlichen, sondern auch die „schützenden“ HDL-Werte. Dies ist im Falle von Sport und Bewegung nicht der Fall. Hier sinken die LDL- und Triglyceridwerte, während das HDL-Cholesterin ansteigt.

Bei hohen Cholesterinwerten stellt körperliche Aktivität die Basis jeder cholesterinsenkenden Therapie dar. Erst, wenn sie nicht ausreichend wirkt, sollten Medikamente eingesetzt werden.

Schützender Einfluss von körperlicher Aktivität auf den „Krebsrisikofaktor“: Insulin?

Insulin hat mehrere Funktionen. Unter anderen fördert Insulin das Zellwachstum, leider auch das von Krebszellen. Es steigert die Zellproliferation und hemmt die Apoptose von Krebszellen. Ein hoher Insulinspiegel – wie er für den Typ-2-Diabetes typisch ist – gilt daher als Krebsrisikofaktor.

Kommentar und Empfehlungen für die Praxis: Da körperliche Aktivität die Insulinempfindlichkeit der Muskulatur verbessert, sinkt der Insulinspiegel. Dies und der verbesserte Fettabbau vermindern auch das Krebserkrankungsrisiko.

Schützender Einfluss von körperlicher Aktivität auf den „Krebsrisikofaktor“: Typ-2-Diabetes?

Der Typ-2-Diabetes, auch der Prädiabetes, erhöht das Risiko für viele Krebserkrankungen (Huang Y et al 2016).Die Krebsgefahr ist um 20 % höher als bei Nicht-Diabetikern. Entwickeln Patienten mit Diabetes ein Karzinom, ist auch deren Sterberisiko erhöht. Besonders auffällig ist dies bei Patienten mit Karzinomen des Magen-Darm-Trakts.

Kommentar und Empfehlungen für die Praxis: Eine gesunde Lebensführung mit ausgewogener Ernährung, einem angemessenen Körpergewicht sowie körperlicher Aktivität schützt nicht nur vor einem Typ-2-Diabetes, sondern vermindert auch das Krebsrisiko.

Wer Diabetes (Typ-2) gefährdet ist, kann durch eine Umstellung der Ernährung und mehr Bewegung den Diabetes zumindest für einige Jahre hinauszögern. Eventuell bleibt er sogar ganz davon verschont. Erst wenn Bewegung und Ernährungsumstellung sowie Tabletten nicht wirken, sollte man eine Insulintherapie in Betracht ziehen.

Schützender Einfluss von körperlicher Aktivität auf den „Krebsrisikofaktor“: Insulinresistenz?

Das in der Bauchspeicheldrüse produzierte Insulin sorgt dafür, dass Glukose von der Muskulatur verbraucht oder bei fehlender Belastung als Glukose in Form vom Fett gespeichert wird. Nimmt die Aufnahmefähigkeit (Sensibilität) der Muskelzellen für Insulin ab (Insulinresistenz), produziert der Organismus mehr Insulin, um den Regelkreislauf aufrecht zu erhalten. Ein hoher Insulin-Spiegel verhindert aber den Fettabbau und stimuliert das Wachstum von Krebszellen

Kommentar und Empfehlungen für die Praxis: Die positiven Effekte körperlicher Aktivität auf die Krebsentwicklung zeigen sich u. a. in einer Verbesserung des Insulinstoffwechsels (nämlich der Sensitivität der Muskulatur, der Glukosetoleranz, dem geringeren Fettgewebe im Körperstamm und einer Gewichtsabnahme bei Übergewicht und – nicht zuletzt – einem geringeren Krebsrisiko.

Schützender Einfluss von körperlicher Aktivität auf den Krebsrisikofaktor“: Vitamin- D3-Mangel?

Der zunehmend urbane Lebensstil – mit Aktivitäten in geschlossenen Räumen – geht mit einer geringeren Sonnenexposition und einer drohenden Vitamin-D-Unterversorgung einher. Ein Vitamin-D-Mangel wird mit einer Vielzahl chronischer Erkrankungen, so auch mit Krebs, in Zusammenhang gebracht. Tatsächlich fördert Vitamin D3 die Apoptose, hemmt die Zellproliferation und unterdrückt den wachstumsfördernden Einfluss von IGF-1.

Die höhere Darmkrebs- und Prostatakrebsrate in Nordeuropa erklärt man u. a. mit der dort niedrigeren Sonneneinwirkung. Vitamin D3 wird nämlich im Wesentlichen in der Haut unter der Einwirkung ultravioletter B-Strahlung (UV-B), synthetisiert und nur zu 10 % über den Darm aufgenommen. Der Vitamin D-Status hängt somit auch von den Aktivitäten im Freien ab. Körperlich inaktive und korpulente Menschenhaben oft auch einen erniedrigten Vitamin-D-Blutspiegel. Das Vitamin D wird bei ihnen im Fettgewebe nutzlos gespeichert.

Kommentar und Empfehlungen für die Praxis: Die natürliche Vitamin-D-Aufnahme über das Sonnenlicht (bei Aktivitäten im Freien) führt zu einem sicheren – und ungefährlicheren – Anstieg des Vitamin-D-Spiegels als die Einnahme von synthetischen Vitamin-D-Präparaten.

Schützender Einfluss von körperlicher Aktivität auf den „Krebsrisikofaktor“: chronische Entzündungen?

Bei Krebserkrankungen sind die Entzündungsparameter häufig erhöht. Deshalb halten einige Wissenschaftler chronische Entzündungen für eine (Mit)Ursache einiger Krebserkrankungen (Heikenwälder et al 2019). Einige Experten gehen sogar soweit, Krebs (Lungenkrebs) als Entzündungskrankheit zu bezeichnen (Ruwanpura et al 2016).

Bei körperlicher Inaktivität kommt es zu einem Anstieg entzündungsfördernder Eiweiße im Blut. Daher liegt die Vermutung nahe, dass bei körperlicher Aktivität Entzündungen gehemmt werden und somit das Krebsrisiko sinkt. Tatsächlich wirkt körperliche Aktivität entzündungshemmend, ähnlich wie Aspirin. Laborchemisch ist das messbar; etwa durch Bestimmungen des C-reaktiven Proteins („CRP“). Bei Sportlern ist der CRP-Spiegel niedriger als bei bewegungsarmen Menschen (Imayama, I et al 2011).

Kommentar und Empfehlungen für die Praxis: Für eine Schutzwirkung entzündungshemmender Einflüsse spricht die Erfahrung, dass sportlich aktive Darmkrebspatienten mit COX-2-exprimierenden Tumoren hinsichtlich Rezidivfreiheit und Überlebenszeit stärker profitieren als Krebserkrankte mit COX-2-negativen Karzinomen (Yanauchi et al 2013).

Schützender Einfluss von körperlicher Aktivität auf den „Krebsrisikofaktor“: chronisch obstruktive Atemwegserkrankungen?

Körperliche Aktivität ist ein wichtiger Bestandteil der Behandlung chronisch obstruktiver Lungenerkrankungen (COPD). Diese gehen bekanntlich mit einem hohen Lungenkrebsrisiko einher. Körperliche Aktivität verbessert die Atemarbeit und führt so zu einer Reinigung und kürzeren Kontaktzeit von Schadstoffen in den Bronchien und Alveolen.

Auch wenn die pathophysiologischen und funktionellen Störungen dadurch nicht rückgängig gemacht werden, so wird doch eine Verschlimmerung und der Übergang zu Krebs verhindert. Man versetzt den Körper in die Lage, besser mit Auswirkungen der Erkrankung fertig zu werden.

Kommentar und Empfehlungen für die Praxis: Günstig bei einer COPD und bei Asthma bronchiale sind Sportarten wie Schwimmen, Wassergymnastik, Aquajogging. Die feuchtwarme Luftschicht über der Wasseroberfläche – und die in Hallenbädern mit Wasserdampf gesättigte Luft – wirken sich positiv auf die Beschwerden aus. Positiv ist auch die Kräftigung der Atemhilfsmuskulatur.

Schützender Einfluss von körperlicher Aktivität auf den „Krebsrisikofaktor“: Tabak- und Alkoholkonsum?

Sportler wissen, dass Nikotin- und Alkoholabusus ihre körperliche Fitness beeinflusst, weswegen sie in der Regel tabak- und alkoholabstinent leben. Möglicherweise ist dies einer der Gründe, weswegen Sportler – wenn überhaupt – erst im höheren Alter an einem Krebs erkranken.

Kommentar und Empfehlungen für die Praxis: Es gibt Berichte, dass regelmäßige wöchentliche körperliche Aktivität das Sterblichkeitsrisiko alkoholbedingter Krebserkrankungen vermindert (Feng et al 2020).

Schützender Einfluss auf die Komplikationsrate bei Krebsoperationen

Mehrere Studien berichten von einer niedrigeren Komplikationsrate und schnelleren Erholung bei Lungenkrebsoperationen, wenn diese vor der Operation an einem Fitnesstraining teilnahmen (Praerehabilitation) (Steffens et al 2018). Angeblich soll sich bei operierten Prostatakrebspatienten die Urinkontinenz eher verbessern, wenn der Operation eine Beckenbodengymnastik vorausging.

Kommentar: Die Prärehabilitation mit Bewegung und Sport vor einer komplikationsreichen Behandlung gewinnt zunehmend an Bedeutung

Schützender Einfluss von körperlicher Aktivität auf den „Krebsrisikofaktor“: Dysbiose?

Störungen der Darmflora (Dysbiose) sollen die Entstehung, den Verlauf und die Therapie chronischer Erkrankungen beeinflussen. Die Darmflora kann die Krebsabwehr sowohl fördern als auch hemmen. Bekannt sind Einflüsse auf die Wirkung von Immuntherapien bei Krebserkrankungen. Sicher ist, dass sich das Mikrobiom und seine Zusammensetzung bei sportlicher Aktivität positiv verändern (Liu, Y et al 2019

Kommentar und Empfehlungen zum Krebsschutz: Dass Mikrobiota einen Einfluss auf die Tumorentstehung haben können, ist spätestens seit der Entdeckung des Zusammenhangs von Helicobacter-pylori-Bakterien und der Magenkarzinomentstehung bekannt.).

Schützender Einfluss von körperlicher Aktivität auf den „Krebsrisikofaktor“: chronischer Dysstress?

Psycho-Onkologen behaupten, dass Stresshormone bei negativem Stress (Dysstress) zu einer Verminderung von Immunabwehrzellen führen und das Wachstum von Krebszellen begünstigen.

Freizeitsport ist ein guter Stress-Regulator und gleicht Belastungen im Alltag aus. Mentale Stresssituationen werden besser verkraftet, Depressionen abgeschwächt undSpannungen abgebaut. Insofern müssten von Sport und Bewegung positive Einflüsse auf die Krebsvermeidung ausgehen.

Kommentar und Empfehlungen für die Praxis: Positiv empfundener Stress (Eustress) spornt an. Er steigert die Vitalität, verbessert die persönliche Belastbarkeit und vermindert stressbedingte Abwehrschwächen.

Schützender Einfluss auf den „Krebsrisikofaktor“: Sesshafter Lebensstil?

Anders als gemeinhin vermutet, verursacht beständiges Sitzen nicht nur Rückenbeschwerden. Es beeinflusst auch die Entstehung vieler Erkrankungen. “Sitzen ist das neue Rauchen“ schreibt die F.A.Z. (13. 09. 2017) und weist damit indirekt auf mögliche Zusammenhänge mit einer erhöhten Krebsgefährdung hin. Bei Akademikern ist die Gefahr besonders hoch, da sie ihrer beruflichen Tätigkeit vornehmlich im Sitzen nachgehen.

Wie nachhaltig ein sesshafter Lebensstil der Gesundheit schadet, hängt nicht nur davon ab, wie viele Stunden man am Tag sitzend verbringt, sondern auch, ob man sich zwischendurch bewegt. Hierfür spricht u. a. eine Studie (Diaz et al 2017), in der ein enger Zusammenhang zwischen der Dauer der einzelnen Sitzperioden und dem Zuckerhaushalt sowie einer – Krebs fördernden – Insulinresistenz festgestellt wurde. Je länger die Probanden in dieser Untersuchung am Stück saßen, desto schlechter reagierte ihr Organismus auf Insulin. Versuchspersonen, die trotz vieler Sitzstunden noch körperlich aktiv waren, schnitten zwar besser ab, jedoch schlechter als Personen, die ihre sitzende Tätigkeit mehrfach kurz unterbrachen.

Kommentar und Empfehlungen für die Praxis: Wichtig ist, schon in der Jugend, ja sogar im Säuglingsalter auf genügend Bewegung zu achten. Die WHO hat erstmals Bewegungsrichtlinien für Kinder unter 5 Jahren veröffentlicht. Ab einem Jahr sind danach täglich drei Stunden Bewegung wie Krabbeln, Laufen oder Toben Minimum. Babys dürfen nie länger als eine Stunde am Stück irgendwo festgeschnallt verbringen, weder im Auto, Buggy noch auf dem Rücken der Eltern. Nach einer Stunde brauche das Kind eine Pause zum möglichst freien Strampeln, Krabbeln oder Herumlaufen, heißt es. Außerdem sollten Babys im wachen Zustand mindestens eine halbe Stunde in Bauchlage verbringen, da dies die motorische Entwicklung positiv beeinflusst und Kopfverformungen entgegenwirkt. Auch bei den Zeiten, die Kleinkinder vor dem Bildschirm verbringen, setzt die WHO klare Limits. Sie sagt, Fernseher, Smartphone oder Computer sollten für unter 2-Jährige tabu sein, ab dem Alter von zwei Jahre sei höchstens eine „Bildschirmstunde“ pro Tag erlaubt. Das Sitzen vor dem Bildschirm halte Kinder davon ab, ihrem natürlichen Bewegungsdrang zu folgen. Über einjährige Kinder sollten nach den WHO-Richtlinien mindestens drei Stunden am Tag krabbeln, laufen, klettern oder toben.

Kardiologen behaupten, dass 5 Stunden körperliche Bewegung pro Woche erforderlich sind, um ein tägliches Sitzen von 8 und mehr Stunden zu kompensieren. Wer vornehmlich Bürotätigkeiten verrichtet, sollte alle dreißig Minuten kurz aufstehen, um sich kurz zu strecken und zu bewegen (dynamisches Sitzen). Während der Arbeitszeit sollte er versuchen, die Wirbelsäule in Bewegung zu halten, d. h. möglichst oft aufstehen – eventuell sogar ein Stehpult integrieren. Gut ist, gelegentlich im Stehen zu telefonieren oder Kollegen persönlich in ihren Büros aufzusuchen, anstatt ihnen eine E-Mail zu schreiben oder sie anzurufen.

Um mehr Bewegung in den Büroalltag zu bringen, gibt es spezielle Aktiv- Bürostühle, die eine maximale Dynamik am Arbeitsplatz erlauben (www.agr-ev.de/sitzen-buero). In einem gemeinsamen Projekt des Instituts für Arbeitsschutz und der gesetzlichen Unfallversicherung wurden zusammen mit der Deutschen Telekom verschiedene Konzepte für „dynamische Büroarbeitsplätzen“ entwickelt, die leichte physische Aktivität mit der Ausführung von Bürotätigkeiten verbinden wie Schreibtischergometer und Untertischgeräte (Ellegast et al 2018).

Schützender Einfluss auf Fatigue-Beschwerden

Viele Krebspatienten leiden noch lange nach Abschluss der Krebstherapie unter einer unspezifischen starken Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Erschöpfung und Schlaflosigkeit, die man unter dem Begriff Fatigue zusammenfasst. Die Ursache können der Tumor selber, aber auch die Therapie sein.Überlebende einer Krebserkrankung berichten, dass Fatigue-Symptome die für sie schlimmsten Beschwerden während und nach der Krebsbehandlung gewesen sind (Eyl et al 2020, Ryan et al 2007).

Angehörige und Freunde raten Betroffenen oft zur Ruhe und Schonung in der Annahme, körperliche Anstrengung schade dem „geschwächten Organismus“. Hierdurch kann aber ein Teufelskreis entstehen, denn die Folgen sind Bewegungsmangel und ein Muskelabbau. Die Leistungsfähigkeit nimmt ab und alles wird noch anstrengender. Man traut sich dann nichts mehr zu und die Stimmung sinkt noch weiter.

Sport und Bewegung können die Entstehung einer Fatigue im Keim ersticken, zumindest aber ihren Verlauf abmildern. Angst und Depressionen nehmen ab, die Schlafqualität verbessert sich, das Selbstwertgefühl verbessert sich und die soziale Integration wird gefördert, sagen Psychoonkologen. Studien mit Brustkrebspatientinnen deuten darauf hin, dass zu den Auslösern von Fatigue-Beschwerden auch Entzündungsreaktionen im Körper zählen. Mit Laboruntersuchungen kann man nachweisen, dass nach Bewegung und Sport die Entzündungsparameter abnehmen.

Wichtig ist, die Aktivitäten nicht zu übertreiben. Die Belastungen sollten im aeroben Bereich stattfinden und weniger als 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz betragen. Zu intensive Belastungen können nämlich genau das Gegenteil des Gewünschten bewirken. Wer sich überfordert, wird nur die negativen Effekte der Belastung spüren. Dies sowohl in psychischer als auch in physischer Hinsicht.

Kommentar und Empfehlungen für die Praxis: Sport und Bewegung sollen bei Fatigue-Beschwerden effektiver sein als Medikamente – und auch wirksamer als psychoonkologische Therapien.

Schützender Einfluss auf Altersbeschwerden?

Mit dem Alter kommt es zu einer Abnahme der Kraft und der Muskulatur (Sarkopenie) und gegenläufig zu einer Zunahme des Körperfettanteils, der als Krebsrisikofaktor gilt. Bei gleichbleibender körperlicher Aktivität und gleicher Kalorienzufuhr nimmt der Ältere an Gewicht zu, während Muskelaktivität und Muskelmasse bei ihm abnehmen. Auch „altert“ die Immunabwehr. Durch körperliche Aktivität lässt sich diese Entwicklung aufhalten.

Ein in Deutschland neugeborener Junge hat (2020) eine durchschnittliche Lebenserwartung von durchschnittlich 78,6 Jahren, ein neugeborenes Mädchen von etwa 83,4 Jahren. Statistisch gesehen liegt die Lebenserwartung noch höher, wenn man bereits ein gewisses Alter erreicht hat. Ein heute 60-jähriger Mann kann damit rechnen, älter als 82 Jahre alt zu werden, eine gleichaltrige Frau rund 85 Jahre. Bei einer lebenslang gesunden Lebensführung mit viel Bewegung und ausgewogener Ernährung bleibt die Fitness lange erhalten.

Kommentar und Empfehlungen für die Praxis: Die geringere körperliche Leistungsfähigkeit im Alter ist kein zwingender, biologisch unabdingbarer Alterseffekt. Grundsätzlich lassen sich Muskelabbau und abnehmende Leistungsfähigkeit durch körperliches Training aufhalten-  zumindest eine Zeit bremsen.

Zusammenfassung möglicher Wirkmechanismen von körperlicher (In)Aktivität auf die Krebsentwicklung

Fettgewebe: Entgegen früheren Vorstellungen ist Fettgewebe ein hochaktives Organ. In ihm werden hormonähnliche Substanzen gebildet, die das Wachstum von Krebszellen stimulieren. Besonders aktiv ist das Bauchfettgewebe. Körperliche Aktivität reduziert überflüssiges Fettgewebe und stärkt Muskelgewebe.

Immunabwehr: Die körpereigene Immunabwehr ist bei körperlicher Inaktivität herabgesetzt. Im Alter vermindert sich die Immunkompetenz (Immunoseneszenz) und führt u. a. zu einer Reduktion der Immunantwort, weswegen die Entstehung diverser Erkrankungen wie Krebs gefördert wird. Aktivität erhält die körperliche Fitness und erhöht die Abwehrkräfte gegen Krebs.

Geschlechtshormone: Östrogene stimulieren nach den Wechseljahren das Wachstum Östrogenrezeptor positiver Zellen. Bei sportlicher Betätigung sinkt der Östrogenspiegel bei Frauen und der Androgenspiegel bei Männern.

Entzündungsfaktoren: Es besteht ein Zusammenhangvon Entzündungen und der Entstehung von Krebserkrankungen. Körperlich fitte Menschen weisen geringere Entzündungsmarker im Blut auf.

Zirkulation: Bei körperlicher Inaktivitätist die Lunge nur zu zwei Dritteln belüftet und schlecht durchblutet. Ist man körperlich aktiv, kommt es zu einer höheren Zirkulation von Sauerstoff. Schadstoffe werden dann vermehrt abgebaut. Wenn die Immunzellen nicht durch Bewegung und gesunde Ernährung unterstützt werden, kommt es öfter zu Entzündungsprozessen und zu einer Förderung von Tumorwachstum (Halle 2020).

Insulinresistenz: Die mit Übergewicht häufig assoziierte Insulinresistenz führt zu einer Überproduktion von Insulin und somit zu einer Stimulation des Krebszellwachstums.  Außerdem hemmt Insulin die Fettverbrennung. Körperliche Aktivität sensibilisiert die Muskelzellen für Insulin, und verhindert so eine Erhöhung des Insulinspiegels

Vitamin-D-Spiegel: Der zunehmend urbane Lebensstil in geschlossenen Räumen geht mit einer geringeren Sonnenexposition und einer Vitamin-D-Unterversorgung einher. Körperliche Aktivität im Freien fördert die Aufnahme von Vitamin D.

Darmflora (Mikrobiom): Das Mikrobiom des Darmes hat eine Bedeutung bei der Ausformung der systemischen Immunantwort. Bewegungsarmut und Übergewicht schränken dieBakterienvielfalt (Diversität)im Darmein. Körperliche Aktivität verhindert eine Dysbiose.

Oxydativer Stress: Bei oxydativem Stresskommt es zu einer Funktionsbeeinträchtigung der normalen Stoffwechselvorgänge und zu Veränderungen an Zellen. Körperliche Aktivität reduziert den oxydativen Stress und verhindert so eine mögliche Schwächung der Immunabwehr.

Muskulatur: Eine ruhende Muskulatur produziert weniger Myokine.Aktive Muskeln bilden Muskelenzyme, die das Wachstum von Polypen im Darm und so von Krebsvorstufen reduzieren.

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