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Prostatakrebs: Schlafende Prostatakarzinome und Krebs-Prävention

Bildquelle: Flickr/Christina Tu, Sue & Bill Gross Stem Cell Research Center

Krebs galt noch vor 100 Jahren als eine Krankheit, die lediglich einen geringen Prozentsatz der Bevölkerung betraf. Um 1900 schätzte man in Europa die Möglichkeit an Krebs zu erkranken, als eher gering ein. Heutzutage ist Krebs hingegen so weit verbreitet, dass fast schon jeder Zeitgenosse einen Verwandten hat, der an dieser Krankheit leidet oder gelitten hat. Krebserkrankungen stellen keine Ausnahme mehr dar, sie sind praktisch die Regel geworden. Dies trifft besonders auf Prostatakrebs zu, der im hohen Alter besonders häufig ist. Glücklicherweise ist die Geschwulst nicht in jedem Fall aggressiv, führt auch im weiteren Verlauf nicht regelmäßig zu Beschwerden und erst recht nicht zum Tod. Meist handelt es sich um latente Tumore, die im Volksmund deshalb „schlafende Karzinome“ genannt werden. Laut Statistik haben weniger als 10 % der Erkrankten Beschwerden, „nicht einmal“ 3 % sterben an dem Karzinom. Die meisten sterben „mit dem Karzinom“, nicht wegen des Tumors.

Was ist Prostatakrebs?

„Prostatakrebs“ ist ein weitläufiger Begriff. Darunter werden verschiedene Karzinomerkrankungen unterschiedlicher Bösartigkeit, Herkunft und Verhaltensweise verstanden. Einige Karzinome neigen kaum zu Wachstum und Ausbreitung, andere sind sehr aggressiv und bilden frühzeitig Metastasen in den Knochen und anderen Organen. Die Wahrscheinlichkeit hierfür lässt sich mit feingeweblichen, immunologischen und molekulargenetischen Untersuchungsmethoden teilweise vorhersagen.

Welche Arten von Prostatakrebs gibt es?

Je nach Differenzierung, Gewebeform und Aggressivität bedürfen die Tumore verschiedener Therapien und Präventionsmaßnahmen. Ebenso wie es keine gegen alle Karzinome pauschal wirksame Therapie gibt, existiert auch keine all umfassend hilfreiche Krebsprävention. Die Differenzierung, die in der Therapie inzwischen selbstverständlich geworden ist, gilt auch für die Prävention. Viele Missverständnisse erklären sich durch die Pauschalisierung des Begriffs „Prostatakrebs“.

Was versteht man unter latenten oder „schlafenden“ Prostatakarzinomen?

Mit den heutigen, immer empfindlicheren Untersuchungsverfahren gelingt es, Prostatakrebs schon in einem sehr frühen Stadium zu entdecken, wobei die Übergänge von Krebsvorstufen (inflammatorische Atrophie, prostatische intraepitheliale Neoplasien, HGPINs) zu Frühkarzinomen und latenten Karzinomen bzw. Mikrokarzinomen fließend sind. Die einen setzen atypische Zellansammlungen noch mit Krebsvorstufen gleich, die anderen behandeln sie schon wie Karzinome, die radikal zu beseitigen sind. Allen gemeinsam ist, dass sie keinerlei Beschwerden bereiten, sich jedoch zu aggressiven Tumoren entwickeln können, weswegen sie auch als schlafende Karzinome bezeichnet werden.

Synonyma für die bei Vorsorge-Früherkennungsuntersuchungen entdeckten „Frühkarzinome“:

  • Latente Prostatakarzinome
  • Schlafende Prostatakarzinome
  • Okkulte Prostatakarzinome
  • Stumme Prostatakarzinome
  • Mikrofokale Prostatakarzinome
  • Indolente Prostatakarzinome
  • Insignifikante Prostatakarzinome
  • Frühkarzinome
  • Minimale Prostatakarzinome
  • Low-Risk-Prostatakarzinome
  • Low-Volume-Prostatakarzinome

Was versteht man unter Krebsprävention?

Unter Krebsprävention (auch Krebsvorbeugung, Krebsprophylaxe oder Krebsvermeidung) versteht man Maßnahmen und Verhaltensregeln, die die Entstehung von Krebserkrankungen verhindern oder zumindest die Wahrscheinlichkeit für eine solche Erkrankung herabsetzen
Zur Krebsprävention zählt man ebenso die Krebsvorsorge (auch: Krebsfrüherkennung genannt). Deren Ziel ist die möglichst frühzeitige Erkennung einer Krebserkrankung, um so die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Behandlung zu erhöhen.
Präventionsonkologen unterscheiden bei ihrem Vorgehen drei Formen der Prävention, nämlich die primäre, die sekundäre und tertiäre.

Drei Formen von Präventionsstrategien

  • Die primäre Prävention umfasst alle spezifischen Aktivitäten, die die primäre Krebsentstehung verhindern sollen.
  • Die Sekundärprävention umfasst alle Maßnahmen zur Entdeckung symptomloser früher Krebsstadien.
  • Die Tertiärprävention umfasst alle Maßnahmen, die eine Wiedererkrankung und/oder Verschlimmerung der Erkrankung sowie eine Verschlechterung der Lebensqualität verhüten sollen (Krebsnachsorge).

Worum geht es in der Präventionsforschung?

Warum einige Menschen an Prostatakrebs erkranken, andere hingegen bis ins hohe Alter gesund bleiben, ist Gegenstand der Präventionsforschung. Nicht nur die Entstehungsrisiken sind zu ermitteln, sondern es geht auch um die Frage, wieso sich einige Tumore und Tumorvorstufen lange ruhig verhalten, andere hingegen rasch wachsen und bösartig werden. Die Erkenntnisse hierzu stammen maßgeblich aus der Krebsepidemiologie.
Nach wie vor gibt es in der Prävention mehr Hypothesen als – auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende – Erklärungen; jedoch weiß man heute wesentlich besser, welche Einflüsse zur Krebsentstehung führen, welche Verhaltensweisen das Wachstum begünstigen, wie man Erkrankungsrisiken vermeiden kann und wer Präventionsmaßnahmen besonders ernst nehmen sollte.
Es besteht allgemeine Übereinstimmung, dass es sich bei den meisten Prostatatumoren um multifaktorielle, d. h. durch viele Ursachen bestimmte, aber nur selten um monokausale Krankheitsgeschehen handelt. In der Regel müssen mehrere Risikofaktoren zu verschiedenen Zeiten und in unterschiedlichen Schritten zusammentreffen, damit es schließlich zum Ausbruch einer Krebserkrankung kommt. Manche Risikofaktoren sind dominanter als andere.

Was geschieht bei der primären Prävention?

Die verschiedenen Erkrankungsrisiken zu erkennen, sie in ihrer Bedeutung für die Gesundheit einzuschätzen, sie zu reduzieren bzw. ganz zu vermeiden, ist das Anliegen der (primären) Krebsprävention.
Ihr Ziel ist die Verhinderung der Erkrankung vor dem Wirksamwerden der Krankheitsursachen. Typische primäre Präventionsmaßnahmen sind Impfungen. Die Berücksichtigung bestimmter Verhaltensweisen zählt ebenfalls zur primären Prävention, wenn sie mit dem Ziel durchgeführt werden, den Übergang von Krebsvorstufen zu invasiven und aggressiven Karzinomen zu verhindern.

Viele frühere „Dogmen“ zur Krebsvermeidung mussten dank weiterer Studien neuen Erkenntnissen weichen; andere, schon seit langem geäußerte Beobachtungen, Vermutungen und Empfehlungen wurden hingegen bestätigt. Insgesamt gibt es zunehmend Hinweise dafür, dass sich eine Prostatakrebserkrankung verhindern lässt, zumindest aber ihre Bösartigkeit beeinflussbar ist.
Leider hat die primäre Krebsprävention – wenn überhaupt – nur eine sehr schwache Lobby. Sie weckt in der Öffentlichkeit weniger Aufmerksamkeit als die Therapie und die Krebsfrüherkennung. Dies liegt daran, dass ihre Erfolge häufig erst langfristig erkennbar sind. Politiker, Krankenkassen und leider auch die meisten Patienten denken eher kurzfristig, schieben unpopuläre, langfristig aber notwendige und auch sozioökonomische, sinnvolle Maßnahmen hinaus. Sekundäre Präventionsmaßnahmen, also die Vorsorge-Früherkennung, haben deshalb eine einflussreichere Lobby, weil sie momentan einsehbare und reproduzierbare Ergebnisse zeigen sowie im Übrigen ein Gewinn bringender Wirtschaftsfaktor im Gesundheitswesen sind.

Was geschieht bei der sekundären Prävention?

Zur Prävention gehören auch Krebsvorsorgeuntersuchungen. Ihr Ziel ist die Krebsfrüherkennung bei Gesunden, da man annimmt, dass die Chancen der Heilung umso größer sind, je früher ein Krebs erkannt und behandelt wird. Diese sekundären Präventionsschritte werden auch Screening-Maßnahmen genannt.
Die staatlich geförderten und propagierten Programme zur Krebsfrüherkennung sind nicht unumstritten. So gibt es Skeptiker, ja auch Kritiker, des in Deutschland praktizierten Prostatakrebs-Vorsorgeprogramms. Einige Kritiken sind durchaus berechtigt, sollten jedoch nicht mit einer pauschalen Ablehnung gleichgesetzt werden (Argumente von Befürwortern wie Kritikern der gesetzlichen Prostatakrebsvorsorge werden in Kapitel IV aufgeführt).
„Prostatakrebs-Screening-Untersuchungen“ sind weniger umfangreich, nicht so spezifisch und sensitiv wie die bei einem Krebsverdacht notwendigen Maßnahmen. Vor- und Nachteile der derzeit bei Krebsverdacht zur Verfügung stehenden Untersuchungen werden in Kapitel III ausführlich kommentiert. Es zeigt sich, dass bei einem Krebsverdacht ein individuelles, auf die jeweilige Situation des einzelnen Menschen abgestimmtes, diagnostisches Vorgehen notwendig ist!

Was geschieht bei der tertiären Prävention?

Zur tertiären Prävention zählt man jene Handlungsanweisungen, die die Überlebenszeit und die Lebensqualität nach abgeschlossener Krebstherapie verbessern sollen. Ein Krankheitsrückfall (Rezidiv) sowie negative physische und psychische Auswirkungen sollen durch sie verhindert werden. Maßnahmen der tertiären Prävention sind nicht Gegenstand dieses Ratgebers. Wir empfehlen aber den kompletten Ratgeber zur Prostata-Prävention von Dr. Delbrück.

Quelle und Buch-Tipp:

Prostatakrebs vermeiden (Personalisierte Krebsvorsorge und Früherkennung)

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