Optimistische, ausgeglichene und zufriedene Menschen leben besser als Pessimisten, heißt es; sie ernähren sich gesünder, bewegen sich mehr, rauchen weniger. All das wirkt sich positiv auf die körperliche Widerstandskraft aus und schützt möglicherweise auch vor Krebs. Eindeutige Beweise gibt es hierfür allerdings nicht. Da Stress häufig mit einem nachteiligen Gesundheitsverhalten (häufiger Nikotin- und Alkoholkonsum etc.) assoziiert ist, können sich hierdurch auch Einflüsse auf die Tumorentwicklung ergeben. Insofern können sich Maßnahmen zur Stressbekämpfung positiv auswirken. Mit verschiedenen Entspannungsverfahren, wie autogenem Training, Gesprächstherapien, Selbstbeeinflussung, Meditation, künst lerischen Therapien, Yoga, Sport, Musik etc. kann man versuchen, psychischen Belastungen entgegenzuwirken (Mehnert 2010). Wesentliche Hilfen verspricht die Ordnungstherapie. Sie zielt darauf ab, Stress reduzierende Verfahren in den Alltag zu integrieren. Regelmäßigkeit und Maßhalten sind zwei Kernpunkte der Ordnungstherapie.
Welche Einflussmöglichkeiten hat die Psychotherapie?
Welchen Beitrag liefert die Psychoonkologie in der Krebsprävention? Tatsächliche Beweise bzw. nachvollziehbare Studien zur Beeinflussung des Krebsrisikos durch die Psychotherapie gibt es nicht. Grundsätzlich liegt die Bedeutung einer Psychotherapie allerdings auch weniger in der Prävention als in der Bewältigung der sich aus der Diagnose und möglichen Therapie ergebenden Konsequenzen. Psychotherapeuten können sehr hilfreich dabei sein, Verhaltensänderungen zu unterstützen, die sich krebsfördernd auswirken. Sie können zu Regelmäßigkeiten im Leben („Ordnungstherapie“) und so zu einem gesundheitsorientierten Lebensstil mit weniger Stress verhelfen. Bei der Alkohol- oder Raucherentwöhnung hat die psychotherapeutisch geleitete Verhaltenstherapie eine relativ hohe Erfolgsquote, weswegen die gesetzlichen Krankenkassen zunehmend bereit sind, sich an den Kosten für solche Entwöhnungsmaßnahmen zu beteiligen.
Eine besondere Bedeutung kommt der fachpsychologischen Betreuung von Menschen mit einer vererblichen Hochrisiko-Anlage zu, wie z. B. der Anlage eines künstlichen Darmausgangs bei einem Hochrisiko-Gen wie das für FAP. Die fachpsychologische Betreuung kann die Entscheidungsfindung für bzw. gegen eine prädiktive genetische Diagnostik oder für bzw. gegen eine ausgedehnte Operation unterstützen und gegebenenfalls zukunftsorientierte Wege trotz der ungünstigen Prognose aufzeigen Eine zeitweise sehr populäre, heute jedoch sehr umstrittene Entwicklung der Psychotherapie war die positive Psychologie, die sich aus der Schule des positiven Denkens heraus entwickelte. Sie basierte auf der Grundannahme, dass Denken unser Leben bestimmt. Denken wir negativ, haben wir Misserfolg, schaffen eigenes Unglück und werden krank. Denken wir positiv, so sind wir erfolgreich, glücklich und gesund, hieß es. Dies Präventionskonzept wird heute abgelehnt. Es führe nach Meinung der Experten zu einer Kultur des aufgesetzten Optimismus, zur Verleugnung und Verlogenheit im Umgang mit Problemen bzw. der Erkrankung. Es bedeute, dass niemand traurig sein darf, weil Trauer sofort zur Krankheit bzw. zu einem Rezidiv führe, sagen diese Experten. Tatsache ist, dass weder ein besonderer Kampfgeist positive Auswirkungen auf den Verlauf von Krebserkrankungen hat, noch dass Menschen mit Depressionen häufiger an Darmkrebs erkranken.
Aufgaben der psychotherapeutischen Beratung und Betreuung
- *Hilfestellung bei Entscheidungen für oder gegen die genetische Untersuchung bei Verdacht auf Vorliegen einer angeborenen Krebsdisposition
- *Hilfestellung bei Entscheidungen für oder gegen eine eventuell notwendige, eingreifende Therapie
- *Hilfe bei Bewältigung der durch die Diagnose verursachten, seelischen Belastungen
- *neue und zukunftsorientierte Wege trotz ungünstiger Prognose aufzeigen
- *einen besseren Umgang mit belastenden Lebenssituationen finden
Quelle und Leseempfehlung zur Darmkrebs-Vorsorge:
Darmkrebs vermeiden (Personalisierte Krebsvorsorge und Früherkennung)
Hermann Delbrück ist Arzt für Hämatologie – Onkologie und Sozialmedizin sowie Rehabilitation und physikalische Therapie und Hochschullehrer für Innere Medizin und Sozialmedizin. Während seiner Laufbahn in der experimentellen, kurativen und vor allem rehabilitativen Onkologie veröffentlichte er mehrere Lehrbücher. Er ist der Herausgeber zahlreicher Ratgeber für Betroffene mit Krebs. Seit seiner Emeritierung 2007 befasst er sich vorrangig mit Fragen der Prävention von Krebs.