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Brustkrebs Früherkennung: „Falsch negative“ und „falsch positive“ Befunde

Bildquelle: Blausen.com staff (2014).  [CC BY 3.0], via Wikimedia Commons

Was sind „falsch negativen/positive Befunde“?

Unter „falsch negativen Befunden“ versteht man krankhafte Befunde, die bei Untersuchungen übersehen wurden bzw. mit den jeweiligen Untersuchungsmethoden – unter den gegebenen Umständen nicht feststellbar waren.

Unter „falsch positiven Befunden“ versteht man gutartige Befunde, die für krankhaft erklärt werden. Falsch positive Befunde führen zu beträchtlichem psychischen Druck, seelischen Belastungen und Ängsten bei den Betroffenen. Sie verursachen, wegen der notwendigen Abklärung, erhebliche Kosten. Falsch negative Befunde können hingegen die Überlebenschancen in Frage stellen, denn sie vermitteln den Betroffenen eine falsche Sicherheit. Die Häufigkeit falsch negativer und positiver Befunde ist bei der Selbstuntersuchung, aber auch bei der ärztlichen Tastbefundung sehr hoch. Weltweit werden daher die Selbstuntersuchung und die ärztliche Tastbefundung zur Krebsfrüherkennung nicht mehr propagiert (IARC 2015). Falsch positive Befunde sind auch bei der Mammographie häufig. Die Wahrscheinlichkeit hierfür beträgt bei einem einjährigen Mammographie-Screening innerhalb von zehn Jahren 61,3 %, bei einem alle zwei Jahre stattfindenem Screening 41,6 % (Hubbard et al. 2011). In der Altersgruppe 49 bis 70 Jahre beträgt die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit nur 20 % (IARC 2015). Das Risiko reduziert sich bei einer ergänzenden Sonographie. Mit zunehmendem Alter sinkt das Risiko, gleichzeitig erhöht sich jedoch die Wahrscheinlichkeit einer Überdiagnose und Übertherapie. Das Risiko einer Überdiagnose wird von der IARC (2015) auf ein bis zehn Prozent geschätzt, sogar Todesfälle sind möglich (1 – 10 bei 100.000 gescreenten Frauen). Die Problematik falsch positiver Mammographiebefunde wird aus den Ergebnissen einer Metaanalyse erkennbar (Goezsche et al. 2006). Sie zeigt, dass, wenn 2.000 Frauen zehn Jahre regelmäßig am Brustkrebs-Screening teilnehmen, es bei 200 von ihnen im Lauf von zehn Jahren zu mindestens einem Fehlalarm kommt. Durch Zusatzuntersuchungen wird der Verdacht zwar bei den meisten Frauen ausgeräumt; dennoch  schätzt man, dass etwa 10 dieser Frauen unnötig operiert, mitunter sogar chemo- und/oder strahlentherapiert werden. Je höher die Sensitivität einer Vorsorgeuntersuchungsmethode, desto größer die Gefahr falsch positiver Befunde und unnötiger Kontrolluntersuchungen (Chiarelli et al. 2009). Kernspinuntersuchungen sind wesentlich empfindlicher als die Mammographie, gehen jedoch mit einem höheren Risiko falsch positiver Befunde sowie einer Überdiagnostik und Übertherapie einher. Die Gefahr eines falsch negativen Befundes ist unterschiedlich hoch je nach Brustkrebstyp, Alter, Dichtigkeit des Gewebes, diagnostischer Methode und nicht zuletzt auch den Erfahrungen der Untersucher. Bei dichtem Brustdrüsengewebe ist das Risiko eines falsch negativen mammographischen Befundes sehr hoch. Es heißt, dass etwa ein Viertel der Tumore bei Frauen nach den Wechseljahren bei einer alleinigen Mammographie übersehen werden. Bei hormonell behandelten Frauen sowie bei jüngeren Frauen ist diese Gefahr noch größer. Auch bei der Sonographie und bei der Kernspinuntersuchung (MRT) sind falsch positive sowie falsch negative Befunde möglich.

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Welche Vorbeugung ist sinnvoll?

Der Autor empfiehlt und kommentiert zahlreiche Vorschläge – und rät von anderen ab. Vorbeugung und Früherkennung sollten seiner Meinung nach stärker an die individuellen Erkrankungsrisiken angepasst werden. Empfehlungen beruhen auf eigenen klinischen Erfahrungen mit vielen tausend Krebspatientinnen, auf internationalen wissenschaftlichen Studien und auf Recherchen der derzeitigen internationalen wissenschaftlichen Literatur.Ratgeber personalisierte Krebs-Vorsorge für Frauen jetzt bei Amazon bestellen

Zum Problem der „Überdiagnostik“ und „Überbehandlung“

Obwohl für „überdiagnostizierte Frühkarzinome“ die Bezeichnung „Überbehandelte Tumoren“ oder „Überbewertete Gewebeveränderungen“ oder auch „Überversorgung“ angebrachter wäre, hat sich der Ausdruck „Überdiagnostik“ eingebürgert. Mit „überdiagnostizierten Brustkrebserkrankungen“ bezeichnet man all jene diagnostizierten Frühkarzinome, die sich spontan zurückbilden, keine Beschwerden bereiten oder so langsam wachsen, dass sie keiner Therapie bedürfen. Werden sie nicht behandelt, so ist weder die Lebenszeit noch Lebensqualität beeinflusst. Bei Überdiagnosen handelt es sich somit weder um Fehldiagnosen noch um falsch positive Befunde, denn die „Krankheit“ wird richtig diagnostiziert, ist jedoch ohne Relevanz. Überflüssige und nutzlose Behandlungen werden mit einer Überbehandlung gleichgesetzt. Im weiteren Sinne fallen unter dem Begriff “Überdiagnostik“ auch Tumore solcher Frauen, die nicht am entdeckten Karzinom, sondern vorher an anderen Ursachen versterben. Je älter und gebrechlicher die Frauen sind, desto größer ist das Risiko einer Überdiagnostik. Dass es seit Einführung des Mammographie-Screenings zu einer signifikanten Zunahme von Brustkrebs-„Erkrankungen“ gekommen ist, hat zu einer Überdiagnostik geführt, die wiederum viele Übertherapien zur Folge hatten. Kritiker der Screening Untersuchungen behaupten, dass Überdiagnosen und daraus resultierende Überbehandlungen heute mindestens zehnmal so häufig seien wie verhinderte Todesfälle. Die Nordische Cochrane Gruppe geht von 10 überdiagnostizierten „Karzinomen“ pro vermiedenem Todesfall aus.

Überdiagnostik im Alter?

Da das Risiko einer Überdiagnostik mit zunehmendem Lebensalter steigt, verzichtet man in Deutschland auf ein MammographieScreening ab dem 70. Lebensjahr. Zur Häufigkeit „überdiagnostizierter Frühkarzinome“ beim Mammographie-Screening gibt es sehr unterschiedliche Angaben. Die Angaben schwanken zwischen 3 % und 42 % (Bleyer et al. 2012). Diese hohe Schwankungsbreite erklärt sich mit u. a. mit dem Alter, der Untersuchungstechnik und natürlich auch den unterschiedlichen Erfahrungen der Untersucher (Zahl et al. 2008, Jörgensen 2009, Bleyer et al. 2012). Die Gefahr einer Überdiagnose ist größer bei einjährigem Screening (wie in den USA) als bei zweijährigem Screening (wie in Deutschland). Überdiagnosen bzw. potentielle Überbehandlungen sind eine prinzipielle Schwäche aller „effizienten“ Krebsfrüherkennungsprogramme. Je empfindlicher (sensitiver) eine Untersuchungsmethode und je erfahrener der Untersucher ist, desto mehr Frühkarzinome werden vorzeitig festgestellt, und umso größer ist zwangsläufig das Risiko einer Überdiagnose und Überbehandlung. Die Wahrscheinlichkeit einer Überdiagnose ist bei der sehr empfindlichen KernspinUntersuchung z. B. sehr viel größer als bei der Mammographie. Die Empfindlichkeit (Sensitivität) der Untersuchungsverfahren ist heute so gut, dass selbst kleinste Tumoren in einem Stadium erkannt, in dem noch gar nicht feststeht, ob sie jemals Probleme bereiten (Welch 2009). Solange dieses Problem nicht gelöst ist, werden viele Patientinnen überflüssigerweise (über)behandelt. Das Dilemma – diagnostischer Fortschritt auf Kosten einer hohen Rate an Überdiagnosen und überflüssigen Therapien – ist ein grundsätzliches Problem des derzeitigen Krebsscreenings. Die Angst, Karzinome zu übersehen, trägt mit dazu bei, dass Überdiagnosen und Übertherapien zunehmen. Radiologen und Pathologen sträuben sich allerdings gegen den Vorwurf der „Überdiagnostik“. Ihre Aufgabe sei die frühestmögliche Erkennung des Krebses, sagen sie. Kämen sie dieser Aufgabe nicht hinreichend nach, so sei mit rechtlichen Auseinandersetzungen zu rechnen. Dass bei einigen Frühkarzinomen keinerlei therapeutische Konsequenzen notwendig seien, ja, dass sich einige Karzinome spontan zurückbilden, könne nicht der Diagnostik angelastet werden.

Zum Konzept der aktiven Überwachung (active surveillance)

In vielen Ländern hat der Vorwurf überflüssiger Behandlungen zu Konsequenzen geführt. Eine Konsequenz ist, dass man histologische und molekulargenetische Kriterien zu entwickeln versucht, die mehr über die Bösartigkeit der entdeckten Karzinome aussagen und somit eine individualisierte Therapie erlauben. Eine andere ist, dass man mit eingreifenden Therapie bei Frühkarzinomen zurückhaltender wird; so schlagen einige Experten eine aktive Überwachung (active surveillance) vor statt einer sofortigen Therapie. Sie empfehlen, eine sofortige Behandlung nur bei höhergradigen (high risk) Karzinomen durchzuführen und nur im Falle einer Verschlechterung zu behandeln (Esserman et al. 2009, 2015). Das Vorgehen einer  solchen „aktiven Überwachungsstrategie“ ist nicht unumstritten. Einige Kliniker befürchten gerichtliche Auseinandersetzungen und verweisen auf die unklare Rechtslage, nach der es völlig unklar sei, wie sich ein Gericht bei der Klage jener Betroffenen mit fortschreitendem Karzinomleiden verhalte, bei der zuvor eine ausschließlich „aktive Überwachung“ stattfand. Skeptiker weisen darauf hin, dass es in keiner Weise sicher sei, ob ein als „low grade“ eingestuftes Frühkarzinom tatsächlich auch harmlos sei. Schwerwiegend sei auch die seelische Belastung der Frauen, mit der ständigen Furcht leben müssen, dass sich der nicht behandelte Krebs ausbreiten könne. Dringend notwendig ist die Klärung der Frage, welche Frühkarzinome einer Behandlung bedürfen, welche weniger gefährlich sind und welche „lediglich“ engmaschig kontrolliert werden können. Dringend geklärt werden muss auch die Rechtslage. Solange diese unklar ist, ist mit einer weiteren Zunahme von „Übertherapien“ zu rechnen.

Quelle und Leseempfehlung zur Brustkrebsvorsorge:

Brustkrebs vermeiden (Personalisierte Krebsvorsorge und Früher

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